30.
Apr
10

Neues vom Zeitschriftenmarkt

von Ben

Geschichte scheint sich zu verkaufen – diesen Schluss lässt zumindest eine Neugründung aus dem Hause Gruner & Jahr zu: GEO EPOCHE EDITION. Im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester, der GEO EPOCHE, liegt der Schwerpunkt allerdings weniger auf kultur- oder gesellschaftshistorischer Darstellung, sondern auf der Kunstgeschichte, auch wenn dieser Ansatz durch durch Darstellung der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung von Kunst oder ihrer Instrumentalisierung sogleich wieder relativiert wird. In jedem Fall ist die thematische Orientierung aber an der Kunstgeschichte ausgerichtet.

Das erste Heft (oder muss man angesichts des Formats von Band sprechen?) widmet sich denn auch einer der zumindest namentlich bekannteren Epochen, dem Barock. In drei Essays werden das Verhältnis zwischen Künstlern und Herrschern, der Maler Caravaggio und die Inszenierung des Alltagslebens der europäischen Oberschicht beleuchtet. Großzügige Bildfolgen beschäftigen sich mit der Entstehung des Barock sowie dem Barock in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland.

Bildgewaltigkeit kann man der GEO EPOCHE EDITION auf jeden Fall attestieren und sowohl der Unterhaltungs- als auch der Informationswert sind hoch. Dass es allerdings gelungen ist, aus der Zeitschrift eine eigenständige kunsthistorische Zeitschrift zu machen stelle ich in Abrede: zu groß die Bezüge zur Gesellschaftsgeschichte, zu gering andererseits die Beschäftigung zum Beispiel mit den rein praktischen Aspekten von Kunst. So kommt die erste Ausgabe daher wie ein bloßes Supplement zur zeitgleich erschienenen GEO EPOCHE über Ludwig XIV. Das ist insofern nicht verwunderlich als die Redaktion offen zugibt, die Zeitschrift vornehmlich deshalb gegründet zu haben, weil das Heft über Ludwig XIV. sonst zu sehr im Umfang angewachsen wäre.

Insgesamt bleibt der Eindruck, man habe versucht, ein Zwitterwesen aus einem kunstgeschichtlichen Bildband und der GEO EPOCHE zu erschaffen. Ob das Ergebnis den Preis rechtfertigt wage ich zu bezweifeln. Als Ersteinstieg in eine Kunstepoche oder als Ergänzung zur GEO EPOCHE ist sie jedoch durchaus geeignet. Die zweite Ausgabe erscheint am 13. Oktober 2010 und widmet sich dem Impressionismus.

3 Responses to “Neues vom Zeitschriftenmarkt”

  1. Steffen Says:

    Ich habe mir das Heft auch genauer angesehen und komme zu einem ähnlichen Schluss. Die Texte sind viel zu wenig kunstgeschichtlich - die tollen Fotos allein überzeugen nicht.

  2. Ben Says:

    Hallo Steffen, vielen Dank für den Kommentar. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Ergebnis, dass sich die Anschaffung der Folgeausgaben nicht lohnen wird. Wie Du richtig sagst, es geht eben zu wenig um Kunstgeschichte. Ein wenig mehr Beschäftigung mit Ästhetik, vielleicht auch dem unterschiedlichen ästhetischen Verständnis von Katholiken und Protestanten hätte dem Heft sicher gut getan.

  3. Steffen Says:

    Was nicht ist, kann ja noch werden. :-)
    Die Idee so ein Hochglanz-Kunstmagazin zu machen, finde ich ja eigentlich nicht schlecht. Und das dazu noch etwas mehr Substanz gehört, wissen die Geo-Leute sicher auch. Jedes neue Magazin braucht auch etwas Zeit. Also durch das Impressionismus-Heft werde ich sicher durchblättern. Schon allein, weil ich wissen will, ob sie sich auf die üblichen Verdächtigen MonetManetRenoir beschränken oder z.B. nicht ganz so bekannte Künstler wie Gustave Caillebotte zeigen. Auch thematisch gäbe es da einige neue Erkenntnisse, welche neue Farben (chemisch hergestellt) nutzten die Impressionisten, wie war das mit der zeitgleichen Entwicklung der Fotografie usw. Bin wirklich gespannt. :-)

Leave a Reply