Ausstellungen: Byzanz
Mit Byzanz hat sich die Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn eine schwierige Aufgabe gestellt: über 1000 Jahre an Geschichte und kultureller Entwicklung zu präsentieren, so dass trotz des notwendigerweise oberflächlichen Charakters der vorgestellten Themenblöcke der Besucher einen Eindruck von Byzanz erhält – oder zumindest von der Idee, die “Byzanz” aus Sicht der Ausstellungsmacher repräsentiert. Das Ergebnis ist geprägt von Licht und Schatten. Die Räume in der KAH sind großzügig und lassen den Exponaten den notwendigen Raum, um auf den Betrachter zu wirken. Hinzu kommt die hohe Qualität der einzelnen Stücke, seien es reichverzierte Reliquiare, Seidenstoffe oder filigran bearbeitete Kapitelle. Das inhaltliche Schmuckstück der Ausstellung ist sicher die Darstellung der Gleichzeitigkeit von antiker und christlicher Kultur, christlicher Religiosität und antiker Mythologie. Und das ist vielleicht der größte Erkenntnisgewinn, den es aus der Ausstellung zu ziehen gilt, dass im byzantinischen Reich eine ununterbrochene Traditionslinie bis zum Hellenismus zurückführt, dass hier christliche und antike Kultur miteinander verwachsen, während in Zentral- und Westeuropa die „germanische“ Herrschaft ab dem 8. Jahrhundert das Mittelalter einläutet.
Was die Ausstellung demgegenüber nicht leistet ist, den Besucher intensiv in die byzantinische Kultur einzuführen. Das Alltagsleben wird nur gestreift, die Formen der Herrschaftsausübung in einem vormodernen Flächenstaat und die Mittel der Herrscherfindung in einem Staat, der keine Geburtsthronfolge kannte, werden dem Besucher vorenthalten. Man bekommt zwar zwei Schwerter und zwei Helme präsentiert und die Importanz der Kriegsflotte (oberflächlich) erläutert, ob aber die Militärorganisation eher der des weströmischen Reiches entsprach oder der der westeuropäischen Zeitgenossen bleibt im Dunkeln.
Dennoch bietet die Ausstellung einen interessanten Einblick in Geschichte und Kultur eines Reiches, das sich in der europäischen Wahrnehmung keiner allzu großen Präsenz erfreut. Insbesondere sollte die Tatsache den Europäern zu denken geben, dass Byzanz 1000 Jahre bestehen konnte, gerade weil es auf der Trennlinie von “Europa” und “Orient” vielfältigen Einflüssen ausgesetzt war. Insofern ist die Ausstellung einem jeden, insbesondere aber den Leitkulturtheoretikern ans Herz zu legen. Wer allerdings die Ausstellungsgeschichte der KAH kennt, wird sich nach Besuch der Ausstellung mit Schwermut an die Detailfeudigkeit von “Krone und Schleier”, der Doppelausstellung mit dem Ruhrlandmuseum in Essen über die Kultur mittelalterlicher Frauenklöster erinnern.