12.
Jun
08

Pressefreiheit und moderne Medien

von Ben

Mit der Presse ist man ja so einigen Kummer gewöhnt und dass das Boulevard Pressefreiheit vornehmlich als „Freiheit von der Wahrheit“ versteht ist auch alles andere als ungewöhnlich. Aus totalitären Regimen ist ja bekannt, dass die Presse nur bestimmten Interessen dient und den Beitrag der deutschen Presse zum Untergang der Weimarer Republik (ein Erbe das von heutigen Journalisten meines Erachtens ignoriert wird) will ich hier gar nicht diskutieren. Bedenklich finde ich für heute das Verhältnis, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Informationsauftrag entgegenbringt. Dieser Informationsauftrag hat immerhin ein solches Gewicht, dass mittlerweile schon internetfähige Computer rundfunkgebührenpflichtig sind. Doch was sind vom Gebührenzahler finanzierte Informationen wert, die schlicht falsch sind?

Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Amoklauf von Emsdetten wurde in den öffentlich-rechtlichen Sendern ausführlich auch über so genannte „Killerspiele“ berichtet. Ein Unbekannter hat sich nun die Mühe gemacht, vier Sendungen auf den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen hin zu untersuchen und darin Fehler gefunden, die sich schon nicht mehr mit Nachlässigkeit begründen lassen. Das Video findet sich hier.

Natürlich kann man den Medien zu gute halten, dass sich unter den Journalisten zumindest des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wenige Experten für Computerspiele befinden. Dennoch ist es nicht zu rechtfertigen, dass in einem Beitrag behauptet wird, Counterstrike verfüge über einen Deathmatch-Modus. Schlimmer noch ist die Darstellung von Szenen aus einem Spiel, das offensichtlich im zweiten Weltkrieg spielt mit der Behauptung, es handle sich um World of Warcraft. Dieser Fehler wäre durch einen Rundgang in einer Computerspielabteilung jedes größeren Kaufhauses zu vermeiden gewesen. Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht mehr wunder, dass die Autoren der Beiträge nicht in der Lage sind, korrekt psychologische Studien zu zitieren. Man erhält den Eindruck, dass die Beiträge weniger der Erforschung eines Sachverhalts dienten, sondern der möglichst dramatischen Wiedergabe von Vorurteilen. In diesem Moment jedoch überschreiten die beteiligten Journalisten die Grenze zwischen Journalismus und Propaganda.

Warum aber geben sich die gebührenfinanzierten Sender dafür her? Warum verraten sie den ihnen durch die Rundfunkstaatsverträge zugewiesenen Aufgaben. Warum tragen Sie nur zu einer Aufheizung der allgemeinen Stimmung, zur Erhärtung eines Feindbildes bei, statt sich kritisch mit dem Aufschrei der Politikerklasse auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, die Medien stimmen ein in den Chor der selbsternannten Experten und Berufsaufgeregten und versuchen möglichst alle noch zu übertönen. Vielleicht ist das der Hintergrund für derartige Fehlinformationen, vielleicht leiden die Medien an einem übergroßen sozusagen gesellschaftlichen Harmoniebedürfnis, das sie geradezu zwingt, die gleichen Noten zu singen wie alle anderen. Vielleicht ist es aber auch ein falsches Verständnis von wirtschaftlichem Handeln, von einer Marktorientierung der Medien. Statt die Informationen zu liefern, die die Zuschauer brauchen, werden die (Fehl-)Informationen geliefert, die die Zuschauer angeblich wollen. So bestätigt man zwar vorhandene Vorurteile, aber dafür beunruhigt man den Zuschauer nicht durch Infragestellung seines Weltbildes und bewahrt ihn sich für die Zukunft. Solange der Zuschauer die erhaltenen Informationen nicht hinterfragt und den Schritt macht von reinen Konsumenten zum kritischen Teilnehmer an der Medienwelt, wird es ihm gehen wie dem Wahlvolk – er bekommt nicht die Medien, die er braucht, sondern die, die er verdient.

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