Archiv für Januar 2009

In eigener Sache: KW 3 und Gaza

Samstag, Januar 17th, 2009

Tja, wieder eine Arbeitswoche vorbei (hurra, Wochenende!) und auch diese Woche stand ganz im Zeichen von Gaza. Auch wenn ich einerseits froh bin, dass die antisemitischen Ausbrüche sich in Deutschland in relativen Grenzen halten (zumindest im Vergleich zu Großbritannien), so gebe ich zu, dass ich mich über den polizeilichen Fahnenklau in Duisburg doch geärgert habe. Bestimmen denn neuerdings randalierende Chaoten darüber, ob man seine Solidarität mit Israel erklären darf, oder nicht? Ich habe sogar überlegt, ob ich nicht als Zeichen der Solidarität selbst eine israelische Fahne in mein Wohnzimmerfenster hängen soll. Andererseits stellt sich die Frage, ob das nicht zu viel der Solidarisierung ist. Auch wenn ich immer noch der Ansicht bin, dass Israel jedes Recht hat sich zu verteidigen, so sind die Opfer, gerade die Kinder, dennoch zu bedauern. A propos, mein Tip ist, dass spätestens ab Dienstag die Waffen schweigen werden. Mal sehen, ob ich recht habe.

Zitat der Woche: Joschka Fischer

Sonntag, Januar 11th, 2009

Aber eine Regierung wird nicht ins Amt gewählt, um dem Volk nach dem Maul zu reden. Das ist das Gegenteil von Staatskunst.
(Die Zeit 03/2009, S. 5)

Gut gebrüllt Löwe!

Update:
Es gibt auch eine Blödheit der Woche

Death to al juice
(Demonstrationsplakat; gefunden von zwischenrufer)

Dummheit scheint eine Grundvoraussetzung für Antisemitismus zu sein!

Sieg und Niederlage

Donnerstag, Januar 8th, 2009

Wie wahrscheinlich mittlerweile jeder mitbekommen hat, führt Israel mal wieder Krieg. Nachdem es 2006 gegen die Hizb Allah im Libanon ging, ist diesmal die Hamas im Gazastreifen dran. Wie lang der Konflikt noch läuft ist kaum abzusehen, aber ich denke Münkler hat recht, wenn er darauf hinweist, dass schon der nächste Fehlgriff bei der Zielbestimmung (Krankenhaus, Schule, Kindergarten) Israel zur Einstellung der Kampfhandlungen zwingen kann. Heute hat die IDF bereits einen UN-Konvoi getroffen.

Allenthalben wird Israel gewarnt, eine Wiederholung der Niederlage gegen die Hizb Allah sei durchaus im Bereich des Möglichen, wenn nicht sogar wahrscheinlich. Und das ist, ich gebe es zu, ein Punkt, den ich nicht verstehe. Von welcher Niederlage reden die Medien?

Die IDF hat 2006 die Stellungen der Hizb Allah im Libanon und andere libanesische Ziele sowohl aus der Luft, als auch mit Bodentruppen angegriffen. Dabei wurde die libanesische Infrastruktur schwer getroffen, die Waffenarsenale der Hizb Allah wurden weitgehend zerstört und die Gefallenenzahlen bewegten sich im Verhältnis von 10 – 15 zu 1 zugunsten der Israelis. Die Hizb Allah wurde aller gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz so schwer getroffen, dass seitdem an der israelisch-libanesischen Grenze weitgehend Ruhe herrscht. Selbst jetzt, da Israel im Gazastreifen engagiert ist, greift die Hizb Allah nicht an. Und dennoch verkauft die Hizb Allah die absehbare Niederlage gegen die IDF als gottgegebenen Sieg!

Dass die israelische öffentlichkeit mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist und den Kriegsverlauf kritisch betrachtet ist nachvollziehbar; auch aus Sicht der Hizb Allah ist das Sieggeschrei verständlich (die Alternative wäre ein Eingeständnis der Niederlage und das kann der Partei Gottes ja gegen den zionistischen Feind kaum passieren). Aber warum auch die westlichen Medien auf diese islamistische Propaganda hereinfallen ist mir bis heute schleierhaft.

Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Fehler jetzt im Gazastreifen nicht wiederholt. Natürlich hat Hamas alle Vorteile auf ihrer Seite. Bilder von toten Kindern lassen sich einfach besser vermarkten als Bilder von getroffenen Panzern. Und während Israel ein Interesse daran hat, die eigenen Verluste so gering wie möglich zu halten, ist jedes tote Kind, jede getroffene Schule für Hamas ein propagandistisches Geschenk Gottes. (Und wenn Gott nicht freigiebig genug ist, kann man ja nachhelfen, indem man seine Raketenstellungen in Schulen und Kindergärten unterbringt.)

Wir werden sehen, wie leicht sich die westlichen Medien diesmal an der Nase herumführen lassen.

Bücher: Berlin

Sonntag, Januar 4th, 2009

Wer sich Geschichte nähern will, braucht nicht unbedingt Zuflucht zu wissenschaftlicher Literatur zu nehmen. Hin und wieder hat man auch das Glück, über den ein oder anderen gut recherchierten historischen Roman zu stolpern. Ein solcher “Fehltritt” ist mir zugestoßen, als mir in einem Comicladen die ersten zwei Bände der Berlin-Trilogie von Jason Lutes in die Hände fielen.

Berlin (Bd. 1: City of stones, 2001; Bd. 2: City of smoke, 2008; beide auch deutsch erhältlich) erzählt die Geschichte Berlins in den Jahren 1928 bis 1933, wobei sich der Autor an mehreren Einzelschicksalen entlang hangelt. Im Zentrum des Geschehens stehen der Journalist Severing und die Kunststudentin Marthe. Ihre Geschichte bettet Lutes ein in die Geschichte einer Stadt, die zerissen wird durch politische Auseinandersetzungen einerseits und den Hunger nach Freiheit und Leben andererseits. Beide Gesichter Berlins, das blutverschmierte politische und das im drogenrausch verzückte gesellschaftliche zeichnet Lutes mit klaren Kontrasten und Liebe fürs Detail. Beide Gesichter werden durch die Akteure repräsentiert, das politische durch Severing, der am Niedergang der Republik und dem Erstarken des Nationalsozialismus verzweifelt und das gesellschaftliche durch Marthe, die zeitweise von einer Party zur nächsten taumelt und immer tiefer in den Untergrund des homosexuellen Berlin eintaucht.

Neben diesen begegnet dem Leser auch eine Reihe von Prominenten aller Lager, so Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Thälmann, Goebbels und Horst Wessel. Diese Besetzung liefert einen eindrucksvollen Einblick in die letzten Monate einer Stadt auf dem Weg von einer Weltmetropole zur Kapitale der Unmenschlichkeit. “Berlin” empfiehlt sich jedem Leser, der sich einmal auf etwas andere Art und Weise mit der späten Weimarer Republik befassen möchte. Leider ist das Erscheinen des dritten Bandes bisher nicht angekündigt.

Kleiner Jubiläenausblick

Freitag, Januar 2nd, 2009

Mittlerweile haben wir bereits den 2. Januar, auch die Letzten dürften ihren Silvesterkater inzwischen überwunden haben und so ist es für Zeitblog Zeit, einen Blick in das kommende Jahr zu werfen. Was dürfen wir erwarten?

2009 dürfte sich vor allem zum Jahr populärwissenschaftlicher Veröffentlichungen entwickeln, laden doch drei Jubiläen dazu ein: der 200. Todestag Alexander von Humboldts, der 200. Geburtstag Charles Darwins und das 150jährige Jubiläum der Erstveröffentlichung seines “The origin of species”. Wir werden uns also viel mit Entdeckungen befassen können und im Falle Humboldts wird sicher der eine oder andere wehmütige Kommentar zu seinem Bildungsideal fallen, von dem unsere Universitäten so weit entfernt sind.

A propos Entdeckungen, nicht vergessen werde darf natürlich, dass die Vereinten Nationen 2009 zum Jahr der Astronomie erklärt haben, was uns manch einen interessanten Einblick in eine der ältesten Wissenschaften der Welt verschaffen dürfte. Astronomie wurde immerhin schon von den Babyloniern betrieben, auch wenn ich gerne zugebe, dass die Grenze zwischen Astronomie und Astrologie bei den Herren der hängenden Gärten noch nicht sonderlich ausgeprägt war.

Was tut sich sonst noch? Im Tal der Könige wird wieder verstärkt gegraben, es könnte uns also durchaus auch aus dieser Ecke eine überraschung ins Haus stehen. Und am CERN werden sie auch mit den Experimenten beginnen… zumindest wenn ihnen nicht wie beim letzten Versuch der Teilchenbeschleuniger schon beim Aufwärmen abraucht.

Und wer jubiliert sonst noch? Kuba begeht den 50. Jahrestag der kommunistischen Revolution, 100. Jahrestag haben die Uraufführung von Strauss’ Elektra, der erste ferntelegraphische Seenotruf und die erste Fluggesellschaft der Welt (DELAG); wir feiern das 150jährige Jubiläum der Uraufführungen von Verdis Un Ballo in maschera und Gounods Faust sowie den 150. Geburtstag von Sir Arthur Conan Doyle, des Erfinders von Sherlock Holmes, und den 150. Gründungstag des Salesianerordens von Don Bosco; 200. Geburtstag feiern Louis Braille, Erfinder der Blindenschrift, Felix Mendelssohn Bartholdy und Abraham Lincoln… oder sie würden feiern, wenn sie nicht schon tot wären; der Todestag von Abraham a sancta clara jährt sich zum 300. mal und die Abdankung Oliver Cromwells sowie die Entdeckung der Roten Blutkörperchen zum 350. mal. Johannes Calvin feiert übrigens seinen 500. Geburtstag und die Varusschlacht jährt sich zum 1000. mal. Und zum Abschluss sei noch auf ein diabolisches Jubiläum hingewiesen: die Universität Pisa wurde vor genau 666 Jahren gegründet.

In diesem Sinne: Ein schönes Jahr 2009!